1837/38 bis 1885
Die Ära Johann Nikolaus Sonntag

„Fast ein halbes Jahrhundert ging Musikmeister Sonntag seiner Bergkapelle voraus.“
Der erste Kapellmeister

In den Jahren 1837 - 1839 kam Johann Nikolaus Sonntag als 1. Kapellmeister zur Bergkapelle St. Ingbert. Er war geboren am 16. November 1811 zu Thiersheim in Oberfranken als Sohn des Stadtmusikus Gottlieb Sonntag. Er spielte schon in den Knabenjahren mehrere Musikinstrumente. Seine Militärzeit verbrachte er bei den Aschaffenburgern Jägern. Im Jahre 1837 kam er nach St. Ingbert. Verheiratet mit Karoline Dörr wurde dem 27jährigen Musiker am 22. November 1838 in St. Ingbert eine Tochter geboren. Seinen Beruf gab der junge Vater mit „Kapellmeister“ an.
Wenn also Sonntag die standesamtliche Urkunde mit dieser Berufsbezeichnung unterschrieb, dürfte wohl einwandfrei feststehen, dass die Bergkapelle - wenn nicht schon im Jahre 1837, doch immerhin 1838 von Kapellmeister Sonntag geführt worden ist.
Kapellmeister Sonntag
Kapellmeister Sonntag

Weihe der neuen Knappenfahne

Ihm blieb es vorbehalten, als erster Kapellmeister unter der neuen Fahne, die im November 1839 der St. Ingberter Knappschaft im Auftrag des bayerischen Königshauses übergeben wurde, zu marschieren. Voller Stolz führten die Knappen von St. Ingbert, unter den Klängen ihrer Bergkapelle, am Barbarafest, dem 4. Dezember 1839, ihre Fahne zur Engelbertskirche, wo Pfarrer Duy ihr die kirchliche Weihe gab. Es war ein großer Tag für die Bergleute und deren Musikkapelle. Die Gesichter der Männer strahlten und die metallenen Knöpfe an schwarzer Bergmannstracht glänzten fast ebenso hell wie der vergoldete Knauf am Säbel der königlich-bayerischen Grubensteiger, die in maßgeschneiderter Uniform ihren Bergleuten voranschritten. Auch die Musiker wurden angesichts der neuen Fahne zu größeren Leistungen angespornt.

Amerika

Musikmeister Sonntag bildete so viele Musiker aus, dass ein zweites Musikkorps entstand, das später nach Amerika ging. Unterlagen über das zweite Musikkorps sind leider nicht vorhanden.
In den vierziger Jahren wurde der Mehlkasse noch eine Unterstützungskasse angegliedert. Sie hatte u.a. den Zweck, die Mitglieder in Krankheitsfällen zu unterstützen. Die Beiträge zu der Kasse wurden in den Anfangsjahren von den Knappschaftsältesten an den Zahltagen bei den Mitgliedern gesammelt. Später wurden die Mitgliedsbeiträge zur Musik- und Mehlkasse durch die Grubenkasse vom Lohn einbehalten und dem Unterstützungsverein zugeführt.
Die Entlohnung des Kapellmeisters, soweit er nicht in abhängiger Stellung bei der Grube war, Instandsetzung bzw. Reparaturen an Musikinstrumenten, waren Sache der Unterstützungskasse. In der Obhut dieser Kasse entwickelte sich die Bergmusik im Laufe der Jahre zu einem beachtlichen Klangkörper, der weit über die Grenzen St. Ingberts hinaus bekannt geworden war. Um 1850 war der Bergverweser Günther Vorsitzender der Musik- und Unterstützungskasse. Er ernannte Kapellmeister Sonntag zum kontrollierenden Grubenaufseher. Diese ehrenwerte Funktion versah Sonntag ebenso getreu und gewissenhaft, wie seine schöpferische und gewissenhafte Arbeit als Musikmeister der Bergkapelle.

Bevorzugte Bergleute

Die Musiker selbst, zu einer geschlossenen Arbeitsgemeinschaft in der Grube zusammengefasst, fühlten sich als bevorzugte Bergleute gegenüber ihren Berufskollegen, da sie das besondere Wohlwollen der königliche Grubenverwaltung besaßen. Aber sie bestrafte auch jeden Missbrauch der grubeneigenen Instrumente, sowie der Uniform mit empfindlicher Strenge. So wurden einmal vier Musiker mit drei Tagen Ablegung bestraft, weil sie ohne Genehmigung der Grubenverwaltung und des Musikmeisters in bergmännischer Uniform einer privaten Person ein Ständchen spielten, um sich etwas Biergeld zu verdienen.
Nach der Verlegung der Grubenanlage von Schnappach nach der neuen Rischbachanlage in St. Ingbert, wechselte auch die Bergkapelle nach hierüber und nahm Quartier in dem jetzigen Wohnhaus der Firma Weigand in der Ludwigsstraße, das zur damaligen Zeit der Musikkasse gehörte. Hier wirkte Musikmeister Sonntag noch lange Jahre in unermüdlicher Arbeit zum Wohle seiner Bergkapelle und zur Freude und Erbauung der St. Ingberter Bürger, die ihre Bergmusik stets zu schätzen wussten.


Gehaltsquittung über 22 Gulden

Als ältestes Schriftstück in der Registratur der Musikkasse präsentiert sich eine Gehaltsquittung des Musikmeisters Sonntag vom Oktober 1857 über den Betrag von 22 Gulden. Eine Inventarnachweisung aus dem Rechnungsjahr 1858 stellt das Vorhandensein von 59 Musikinstrumenten fest. Andere Belege weisen aus, dass schon damals eine Klassifizierung der Musiker stattfand und dass im vorgenannten Rechnungsjahr eine jährliche Zulage von 10 Gulden an 20 Musiker 1. Klasse zur Auszahlung kam. Am 25. November 1876 starb die Ehefrau des Musikmeisters Sonntag. 70jährig heiratete der alte Mann mit dem schneeweißen Bart in zweiter Ehe am 13. August 1881 eine Gertraude Legner. Mit dem 16. Juni 1884 gab Sonntag die Grubenarbeit auf und trat in den wohlverdienten Ruhestand. Noch ein volles Jahr schwang er den Taktstock, bis ihm eines Tages auch dieser zu schwer wurde und er ihn an einen jüngeren Mann abgeben musste. Fast ein halbes Jahrhundert ging Musikmeister Sonntag seiner Bergkapelle voraus. Am 21. März 1892 machte eine schlichte Todesanzeige im „St. Ingberter Anzeiger“ das Ableben des königlichen Grubenkontrolleurs und Kapellmeisters a. D. Gottlieb Sonntag der Öffentlichkeit bekannt.

1868
1868 | Bergkapelle unter Dirigent Sonntag (Foto Stadtarchiv IGB)